Rede des Außenministers Russlands, Sergej Lawrow, UN-Charta, New York, 24. April 2023

24 April 2023 19:03
Rede des Außenministers Russlands, Sergej Lawrow, bei den öffentlichen Debatten des UN-Sicherheitsrats zum Thema „Effizienter Multilateralismus via Schutz der Prinzipien der UN-Charta“, New York, 24. April 2023
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Die 9308. Sitzung des UN-Sicherheitsrats gilt als geöffnet.

Die vorläufige Agenda dieser Sitzung lautet wie folgt: „Die Aufrechterhaltung des internationalen Friedens und Sicherheit, effizienter Multilateralismus via Schutz der Prinzipien der UN-Charta“. Die Tagesordnung des Tages gilt als angenommen.

Auf Grundlage der Regel 37 der vorläufigen Geschäftsordnung des Rates lade ich zur Teilnahme an dieser Sitzung Vertreter Australiens, Aserbaidschans, Armeniens, Bahrains, Belarus, Bolivarischen Republik Venezuela, Vietnams, Ägyptens, Indiens, Indonesiens, Islamischen Republik Iran, Kanadas, Kolumbiens, Kubas, Kuwaits, Demokratischen Volksrepublik Laos, Libanons, Malaysias, Marokkos, Mexikos, Nepals, Pakistans, Republik Korea, Singapurs, Arabischen Republik Syrien, Sierra Leones, Thailands, Turkmenistans, der Türkei, Uruguays, Philippinen, Äthiopiens und der Südafrikanischen Republik ein. Der Beschluss wird getroffen.

Jetzt wird der UN-Sicherheitsrat mit Erörterung von Punkt 2 der Tagesordnung beginnen. Ich möchte die Mitglieder des Sicherheitsrats auf das Dokument S/2023/244 – Brief des Ständigen Vertreters der Russischen Föderation bei Vereinten Nationen vom 3. April dieses Jahres an den Generalsekretär der Vereinten Nationen Antonio Guterres aufmerksam machen, der das konzeptuelle Dokument zur erörternden Frage einleitet.

Ich begrüße den Generalsekretär der Vereinten Nationen, seine Exzellenz Antonio Guterres, und erteile ihm das Wort.

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Ich bedanke mich bei dem Generalsekretär für sein Briefing.

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Ich werde jetzt eine Erklärung als Außenminister der Russischen Föderation abgeben.

Sehr geehrter Herr Generalsekretär,

Sehr geehrte Kollegen,

Es ist symbolisch, dass wir unsere Sitzung am Internationalen Tag des Multilateralismus und Diplomatie für den Frieden, der durch Resolution der UN-Generalversammlung am 12. Dezember 2018 in den Kalender der denkwürdigen Tage aufgenommen wurde, abhalten.

In zwei Wochen werden wir den 78. Jahrestag des Sieges im Zweiten Weltkrieg begehen. Die Zerschlagung von Nazi-Deutschland, wo ein entscheidender Beitrag von meinem Land mit Unterstützung der Verbündeten geleistet worden war, ließ ein Fundament der internationalen Nachkriegsordnung bilden. Seine rechtliche Grundlage wurde die Charta der Vereinten Nationen, und unsere Organisation selbst, die den wahren Multilateralismus verkörpert, bekam eine zentrale, koordinierende Rolle in der Weltpolitik.

Im Laufe von 80 Jahren ihrer Existenz erfüllt die UNO ihre von den Gründungsvätern gelegte wichtige Mission. Im Laufe von einigen Jahrzehnten garantierte das grundlegende Verständnis von fünf ständigen Mitgliedern des Sicherheitsrats die Hoheit der Ziele und die Prinzipien der Charta die globale Sicherheit. Damit wurden Bedingungen für eine wirklich vielseitige Zusammenarbeit geschaffen, die durch allgemein anerkannte Völkerrechtsnormen geregelt werden.

Jetzt erlebt das UN-zentrische System eine tiefe Krise. Der Grund war das Streben einzelner Mitglieder unserer Organisation, das Völkerrecht und die UN-Charta mit einer „auf Regeln beruhenden Ordnung“ auszutauschen. Diese „Regeln“ hat niemand gesehen, sie waren nicht der Gegenstand der transparenten internationalen Verhandlungen. Sie werden zur Bekämpfung natürlicher Prozesse der Bildung neuer selbstständiger Zentren der Entwicklung, die gerade einen objektiven Multilateralismus darstellen, genutzt. Man versucht, sie mit illegitimen einseitigen Maßnahmen zurückzuhalten, darunter Sperrung des Zugangs zu modernen Technologien und Finanzdienstleistungen, Verdrängen aus Lieferketten, Beschlagnahmung des Eigentums, Vernichtung der kritischen Infrastruktur der Konkurrenten, Manipulationen mit allgemein abgestimmten Normen und Verfahren. Als Ergebnis – Fragmentierung des Welthandels, Zerstörung der Marktmechanismen, Lahmlegung der WTO und endgültige Verwandlung von IWF in ein Instrument zum Erreichen der Ziele der USA und ihrer Verbündeten, darunter militärische Ziele.

In einem verzweifelten Versuch, die Herrschaft via Bestrafung der Ungehorsamen zu billigen, gingen die USA auf die Zerstörung der Globalisierung ein, die seit vielen Jahren als höchstes Gut der ganzen Menschheit, die das multilaterale System der Weltwirtschaft bedient, präsentiert wurde. Washington und der sich ihm untergeordnete restliche Westen setzt seine „Regeln“ jedes Mal ein, wenn man illegitime Schritte gegen jene, die ihre Politik gemäß dem Völkerrecht aufbauen und sich weigern, gemeinnützigen Interessen der „goldenen Milliarde“ zu folgen, rechtfertigen soll. Nichteinverstandene werden auf schwarze Listen nach dem Prinzip – „wer nicht mit uns ist, ist gegen uns“ gesetzt.

Für westliche Kollegen ist es seit langer Zeit unbequem, sich in universellen Formaten wie UNO zu einigen. Für eine ideologische Erklärung eines Wettbewerbs zur Untergrabung des Multilateralismus wurde das Thema der Einheit der „Demokratien“ als Gegengewicht für „Autokratien“ eingeführt. Neben „Gipfeln für Demokratie“, deren Zusammensetzung vom selbst ausgerufenen Hegemonen diktiert wird, werden andere „Klubs der Auserwählten“ gebildet, die unter Umgehung der UNO vorgehen.

„Gipfel für Demokratie“, „Allianz für Multilateralismus“, „Globale Partnerschaft zur Künstlichen Intelligenz“, „Globale Koalition für Medienfreiheit“, „Pariser Aufruf zu Vertrauen und Sicherheit in Cyberspace“ – alle diesen und anderen nichtinklusiven Projekte sind mit dem Ziel konzipiert, die Verhandlungen zu entsprechenden Themen unter Schutzherrschaft der UNO zu untergraben, dem für den Westen vorteilhafte Konzepte und Lösungen aufzudrängen.

Zunächst wird etwas in einem engen Kreis vereinbart, dann werden diese Vereinbarungen als „Position der internationalen Gemeinschaft“ präsentiert. Wollen wir die Dinge bei ihrem Namen nennen – niemand hat der westlichen Minderheit erlaubt, im Namen der ganzen Menschheit zu sprechen. Man sollte sich anständig benehmen und alle Mitglieder der internationalen Gemeinschaft respektieren.

Mit dem Aufdrängen der „auf Regeln beruhenden Ordnung“ lehnen ihre Autoren das wichtigste Prinzip der UN-Charta ab – die souveräne Gleichheit der Staaten. Der Höhepunkt der „Ausschließlichkeit“ war eine „stolze“ Erklärung des EU-Chefdiplomaten Josep Borrell darüber, dass Europa ein Garten im Paradies und die restliche Welt ein Dschungel sei. Ich möchte auch eine Gemeinsame Erklärung der Nato und EU vom 10. Januar dieses Jahres zitieren: „Der vereinigte Westen“ wird alle bei der Nato und EU vorhandenen wirtschaftlichen, finanziellen, politischen und – ich möchte darauf besonders aufmerksam machen – militärische Instrumente zur Gewährleistung der Interessen „unserer Milliarde“ nutzen.

„Der kollektive Westen“ will auch die Prinzipien des Multilateralismus auf regionaler Ebene für sich umbauen. Noch vor kurzer Zeit riefen die USA zur Wiederbelebung der Monroe-Doktrin auf und forderten von den Ländern Lateinamerikas, die Verbindungen mit der Russischen Föderation und Volksrepublik China zu beschränken. Dieser Kurs stieß aber auf die Entschlossenheit der Länder der Region, eigene multilaterale Strukturen zu festigen, vor allem Gemeinschaft der Lateinamerikanischen und Karibischen Staaten (CELAC), wobei eigenes legitimes Recht verteidigt wird, sich als eine der Stützen der multipolaren Welt zu festigen. Russland unterstützt umfassend solche gerechten Bestrebungen.

Jetzt sind bedeutende Kräfte der USA und ihrer Verbündeten auf die Untergrabung des Multilateralismus in der Asien-Pazifik-Region gerichtet, wo ein erfolgreiches offenes System der Zusammenarbeit im Bereich Wirtschaft und Sicherheit sich seit Jahrzehnten um ASEAN bildete. Dieses System ließ Konsens-Herangehensweisen ausarbeiten, die ASEAN-Mitgliedern und ihren Dialogpartnern, darunter Russland, China, Indien, Japan, Australien, Republik Korea, passt, das einen wahren inklusiven Multilateralismus gewährleistet. Mit Präsentierung der Indopazifischen Strategien nahm Washington Kurs auf die Zerschlagung dieser Architektur.

Auf dem vorjährigen Nato-Gipfel in Madrid sagte die Allianz, die alle immer von eigener Friedensliebe und ausschließlich verteidigenden Charakter ihrer Militärprogramme überzeugte, über die „Unteilbarkeit der Sicherheit“ im Euro-Atlantik und in so genannter Indo-Pazifischen Region. Also die Verteidigungslinie der Nato (als Verteidigungsallianz) verschiebt sich nun an die westliche Küste des Pazifischen Ozeans. Block-Herangehensweisen, die den ASEAN-zentrischen Multilateralismus untergräbt, zeigen sich bei der Schaffung der neuen Militärallianz AUKUS, wohin Tokio, Seoul und mehrere ASEAN-Länder gedrängt werden. Unter der Schutzherrschaft der USA werden Mechanismen der Einmischung in Fragen der Marinesicherheit mit Schwerpunkt auf die Gewährleistung einseitiger Interessen des Westens im Südchinesischen Meer geschaffen. Josep Borrell, den ich heute bereits zitierte, versprach gestern, in diese Region Marinekräfte der EU zu schicken. Es wird nicht verheimlicht, dass das Ziel der indopazifischen Strategien die Abschreckung Chinas und die Isolierung Russlands ist. So wird von westlichen Kollegen ein „effizienter Multilateralismus“ in der Asien-Pazifik-Region verstanden.

Nach der Auflösung des Warschauer Paktes und Verlassen der politischen Bühne durch die Sowjetunion tauchte eine Hoffnung auf die Umsetzung der Prinzipien eines wahren Multilateralismus ohne Trennlinien im Euro-Atlantik-Raum auf. Aber statt Entwicklung des Potentials der OSZE auf gleichberechtigter gemeinsamer Grundlage haben die westlichen Länder nicht nur die Nato beibehalten, sondern auch trotz Zusicherungen den Kurs auf ein freches Aufsaugen der anliegenden Gebiete genommen, darunter Gebiete, wo es immer vitale Interessen Russlands gab und geben wird. Wie der damalige US-Außenminister James Baker dem US-Präsidenten George Bush mitteilte: „Die Hauptbedrohung für die Nato ist die OSZE“. Ich würde hinzufügen, dass in unseren Tagen sowohl die UNO, als auch die Anforderungen ihrer Charta ebenfalls eine Bedrohung für globale Ambitionen Washingtons darstellen.

Russland versuchte geduldig, gegenseitig vorteilhafte multilaterale Vereinbarungen mit Stütze auf das Prinzip der Unteilbarkeit der Sicherheit zu erreichen, das auf der höchsten Ebene in den Dokumenten der OSZE-Gipfel 1999 und 2010 feierlich erklärt wurde. Dort steht schwarz auf weiß eindeutig geschrieben, dass niemand seine Sicherheit auf Kosten der Sicherheit der Anderen festigen soll, und kein Staat, Gruppe der Staaten bzw. Organisation vorteilhafte Verantwortung für die Aufrechterhaltung des Friedens in der Region der Organisation tragen bzw. einen Teil der OSZE-Region als eigenen Einflussbereich betrachten darf.

Die Nato pfiff auf diese Verpflichtungen der Präsidenten und Regierungschefs ihrer Mitgliedstaaten und ging umgekehrt vor, wobei eigenes Recht auf jede Willkür ausgerufen wurde. Ein eklatantes Beispiel – rechtswidrige Bombenangriffe auf Jugoslawien 1999, darunter mit dem Einsatz der Geschosse mit abgereichertem Uran, die anschließend einen Ausbruch von onkologischen Erkrankungen sowohl bei serbischen Staatsbürgern als auch bei Nato-Militärs auslösten. Joe Biden war damals Senator und sagte stolz vor Kameras, dass er persönlich zu Bombenangriffen gegen Belgrad und Zerstörung aller Brücken an der Drina aufgerufen hatte. Nun ruft der US-Botschafter in Belgrad Christopher Hill via Medien die Serben dazu auf, diese Seite zu schließen und damit aufzuhören, das übel zu nehmen. In Bezug auf die These „damit aufhören, das übelzunehmen“ haben die USA eine große Erfahrung. Japan schweigt bereits seit Langem darüber, wer Hiroshima und Nagasaki bombardiert hat. In Schulbüchern steht kein einziges Wort darüber. Vor kurzem sagte US-Außenminister Antony Blinken auf G7-Treffen über die Leiden der Opfer der damaligen Bombenangriffe, erwähnte aber nicht, wer sie organisiert hat. So sind die „Regeln“. Niemand wagt es, sie zu verletzen.

Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es Dutzende verbrecherische Militärabenteuer Washingtons – ohne Versuche, multilaterale Legitimität zu sichern. Wozu, wenn es unklare “Regeln” gibt?

Eine beschämende Invasion der von den USA geführten Koalition im Irak 2003 erfolgte als Verstoß gegen die UN-Charta ebenso wie die Aggression gegen Libyen 2011. Das Ergebnis – die Vernichtung der Staatlichkeit, hunderte Tausend Todesopfer, Willkür des Terrorismus.

Eine grobe Verletzung der UN-Charta war die Einmischung der USA in die Angelegenheiten der Postsowjetstaaten. Es wurden bunte Revolutionen in Georgien und Kirgisistan, ein blutiger Staatsstreich in Kiew im Februar 2014 organisiert. Dazu gehören auch die Versuche einer gewaltsamen Machtergreifung in Belarus 2020.

Die Angelsachsen, die den ganzen Westen anführen, rechtfertigen nicht nur all diese kriminellen Affären, sondern prahlen quasi auch mit ihren Aktivitäten zur „Förderung der Demokratie“. Aber das tun sie wiederum nach ihren „Regeln“: In Kosovo wurde die Unabhängigkeit ohne ein Referendum anerkannt, und die Unabhängigkeit der Krim wurde auch trotz des Referendums nicht anerkannt; die Falklandinseln bzw. Malwinen sollten in Ruhe gelassen werden, weil dort ein entsprechendes Referendum stattgefunden hat, wie der britische Außenminister James Cleverly unlängst gesagt hat. Das ist doch lächerlich!

Zwecks Verzicht auf Doppelstandards rufen wir alle auf, sich an den Konsensvereinbarungen zu richten, die im Rahmen der nach wie vor in Kraft bleibenden UN-Erklärung über die Prinzipien des Völkerrechts von 1970 vereinbart wurden. Dort ist die Notwendigkeit klar und deutlich verankert, die Souveränität und territoriale Integrität der Staaten zu respektieren, die „das Prinzip der Gleichberechtigung und Selbstbestimmung der Völker einhalten und Regierungen haben, die das ganze Volk, das auf diesem Territorium lebt, vertreten“. Für jeden unvoreingenommenen Beobachter ist es offensichtlich, dass das Kiewer Nazi-Regime keineswegs als Vertreter der Einwohner der Territorien gelten darf, die sich geweigert haben, die Ergebnisse des blutigen Staatsstreiches im Februar 2014 zu akzeptieren, und gegen die die Putschisten den Krieg entfesselt haben. Genauso kann Pristina nicht das Recht beanspruchen, die Interessen der Kosovo-Serben zu vertreten, denen die EU eine Autonomie versprochen hatte – genauso wie Berlin und Paris Donbass einen Sonderstatus versprochen hatten. Die Ergebnisse dieser Zusicherungen sind allgemein bekannt.

Unser Generalsekretär António Guterres hat es in seiner Ansprache an den Zweiten Gipfel für Demokratie am 29. März sehr gut formuliert: „Demokratie geht aus der UN-Charta hervor. Ihre ersten Worte sind: Wir, Völker – widerspiegeln die fundamentale Quelle der legitimen Macht: die Zustimmung derjenigen, über die verwaltet wird.“ Das betone ich abermals.

Um den wegen des Staatsstreichs entfesselten Krieg im Osten der Ukraine zu stoppen, wurden multilaterale Bemühungen im Interesse der friedlichen Regelung unternommen, die in der Resolution des UN-Sicherheitsrats umgesetzt wurden, in der die Minsker Vereinbarungen einstimmig befürwortet wurden. Diese Vereinbarungen wurden aber von Kiew und seinen westlichen Schutzherren zertreten, die vor kurzem selbst zynisch und sogar mit Stolz zugegeben haben, dass sie sie nie umsetzen wollten, sondern nur Zeit gewinnen wollten, um die Ukraine mit Waffen zu versorgen, die gegen Russland eingesetzt werden sollten. Dadurch wurde die Verletzung der multilateralen Verpflichtung aller UN-Mitglieder öffentlich zugegeben, die in der UN-Charta verankert ist, die von allen Ländern die Erfüllung der Resolutionen des UN-Sicherheitsrats verlangt.

Unser konsequentes Vorgehen zwecks Verhinderung der Konfrontation, darunter die Vorschläge Präsident Putins zur Absprache von multilateralen gegenseitigen Sicherheitsgarantien vom Dezember 2021, wurde hochmütig abgelehnt. Man sagte uns damals, dass niemand die Nato dabei behindern könnte, die Ukraine aufzunehmen.

In all den Jahren, die seit dem Staatsstreich vergangen sind, hat niemand von den westlichen Schutzherren des Kiewer Regimes trotz unserer Aufrufe Pjotr Poroschenko oder auch Wladimir Selenski, oder auch die Oberste Rada der Ukraine in die Schranken gewiesen, als sie sich konsequent um die Vernichtung der russischen Sprache, der Ausbildung in russischer Sprache, der Medien und auch der russischen kulturellen und religiösen Traditionen im Allgemeinen bemühten und dadurch die Verfassung der Ukraine und universale Konventionen über die Rechte von nationalen Minderheiten direkt verletzten. Parallel setzte das Kiewer Regime auf gesetzgebender Ebene und einfach im Alltagsleben die Theorie und Praxis des Nazismus um. Es organisierte im Zentrum von Kiew und in anderen Städten große Fackelzüge unter den Fahnen von SS-Divisionen – und im Westen schwieg man nur und rieb sich zufrieden die Hände. Das passte voll und ganz ins Konzept der USA, die in der Hoffnung, Russland allseitig zu schwächen, dieses rassistische Regime „hochgezogen“ hatten und den strategischen Weg zur Beseitigung der Konkurrenz und zur Zerstörung von jeglichen Szenarien gehen wollten, die eine gerechte Multilateralität in den internationalen Angelegenheiten vorsehen.

Heutzutage ist allen klar (obwohl nicht alle das laut sagen): Es geht gar nicht um die Ukraine, sondern darum, wie sich die internationalen Beziehungen künftig entwickeln werden – durch einen stabilen Konsens auf Basis der Interessenbalance oder durch aggressive und explosive Förderung der Hegemonie. Die „Ukraine-Frage“ darf nicht separat vom geopolitischen Kontext betrachtet werden. Multilateralität sieht Respekt für die UN-Charta und für den ganzen Komplex der darin verankerten Prinzipien vor, was schon gesagt worden ist. Russland hat die Aufgaben, die es im Rahmen seiner militärischen Sonderoperation verfolgt, klar und deutlich erläutert: Es geht um die Beseitigung der durch die Nato in den letzten Jahren verursachten Gefahr für unsere Sicherheit und um den Schutz der Menschen, die ihre in multilateralen Konventionen verankerten Rechte verloren haben. Sie müssen von den vom Kiewer Regime öffentlich zum Ausdruck gebrachten Drohungen beschützt werden, sie zu vernichten oder von den Territorien zu verdrängen, wo ihre Vorfahren jahrhundertelang gelebt haben. Wir haben ehrlich gesagt, wofür und für wen wir kämpfen.

Vor dem Hintergrund der Hysterie, die die USA und die EU gerade vorantreiben, stellt sich die Frage: Und was haben Washington und die Nato in Jugoslawien, im Irak, in Libyen getan? Gab es dort Gefahren für ihre Sicherheit, Kultur, Religion, für ihre Sprachen? An welchen multilateralen Normen richteten sie sich, als sie wider die OSZE-Prinzipien die Unabhängigkeit Kosovos ausriefen und die wirtschaftlich eigenständigen Staaten wie Irak und Libyen zerstörten, die Zehntausende Meilen weit weg von der US-Küste liegen?

Zu einer Gefahr für das multilaterale System wurden die frechen Versuche der westlichen Staaten, die Sekretariate der UNO und anderer internationaler Organisationen unter ihre Federführung zu stellen. Die quantitative Kader-Dysbalance zugunsten des Westens gab es schon immer, aber bis vor kurzem gab sich das Sekretariat die Mühe, neutral zu bleiben. Doch jetzt ist diese Dysbalance quasi chronisch, und Mitarbeiter des Sekretariats erlauben sich immer häufiger, sich politisch motiviert zu handeln, was für internationale Beamte unangebracht ist. Wir rufen den verehrten Generalsekretär António Guterres auf, dafür zu sorgen, dass alle seine Mitarbeiter im Sinne des Artikels 100 der UN-Charta unvoreingenommen handeln. Wir rufen auch die Leitung des Sekretariats auf, sich bei der Vorbereitung von Initiativdokumenten zur „allgemeinen Tagesordnung“ und zur „neuen Tagesordnung für die Welt“ an der Notwendigkeit zu richten, die Mitgliedsländer auf die Wege zur Suche nach Konsens und Interessenbalance aufmerksam zu machen und nicht zugunsten von neoliberalen Konzeptionen zu handeln. Andernfalls wird es am Ende nicht zu multilateraler Agenda, sondern zu weiterer Vertiefung der Kluft zwischen der „goldenen Milliarde“ und der globalen Mehrheit kommen.

Was die Multilateralität angeht, so sollte man sich nicht nur am internationalen Kontext richten, und genauso darf man diesen internationalen Kontext nicht ignorieren, wenn man von Demokratie redet. Es darf keine Doppelstandards geben. Multilateralität und Demokratie müssen sowohl innerhalb der Staaten als auch in den Beziehungen zwischen Staaten respektiert werden. Alle wissen, dass der Westen anderen seine Vorstellung von der Demokratie aufdrängt, dabei aber keine Demokratisierung der internationalen Beziehungen auf Basis des Respekts für die souveräne Gleichheit der Staaten will. Doch jetzt treibt er nicht nur seine „Regeln“ in der internationalen Arena voran, sondern „würgt“ auch die Multilateralität und Demokratie bei sich zu Hause, indem gegen jegliches Andersdenken immer repressivere Instrumente eingesetzt werden. Und dasselbe tut auch das kriminelle Kiewer Regime, das dabei die Unterstützung seiner „Lehrer“ genießt – der USA und ihrer Verbündeten.

Sehr geehrte Kollegen, wir haben eine sehr gefährliche Linie erreicht, genauso wie in den Jahren des Kalten Kriegs – oder sogar eine noch gefährlichere Linie. Die Situation wird umso schwerer, weil der Glaube an die Multilateralität verloren gegangen ist, wobei die finanzielle und wirtschaftliche Aggression des Westens die Vorteile der Globalisierung zerstört, wenn Washington und seine Verbündeten auf Diplomatie verzichten und auf Auseinandersetzungen „auf dem Schlachtfeld“ bestehen. Und das alles passiert in den Räumlichkeiten der UNO, die einst gegründet wurde, um den Schreck eines neuen Kriegs zu verhindern. Die Stimmen der verantwortungsvollen und vernünftigen Kräfte, ihre Aufrufe zu politischer Weisheit und zur Wiederbelebung der Dialogkultur werden von denjenigen eingedämmt, die sich um die Zerstörung der grundlegenden Prinzipien der zwischenstaatlichen Kommunikation bemühen. Wir alle sollten zu den Wurzeln zurückkehren und die Ziele und Prinzipien der UN-Charta, ihre ganze Vielfalt und gegenseitige Verbindung, einhalten.

Die wahre Multilateralität verlangt heutzutage eine Anpassung der UNO an objektive Tendenzen der Gestaltung einer multipolaren Architektur der internationalen Beziehungen. Es muss die Reformierung des UN-Sicherheitsrats intensiviert werden – durch eine Erweiterung der Präsenz asiatischer, afrikanischer und lateinamerikanischer Länder. Die aktuelle übertriebene Präsenz des Westens in diesem wichtigsten UN-Gremium zerstört das Prinzip der Multilateralität.

Auf Initiative Venezuelas wurde eine Gruppe der Freunde für die Verteidigung der UN-Charta gebildet. Wir rufen alle Staaten, die die UN-Charta respektieren, auf, sich daran zu beteiligen. Es ist auch wichtig, das konstruktive Potenzial der BRICS und der SOZ einzusetzen. Auch die EAWU, die GUS und die OVKS wären bereit, ihren Beitrag zu leisten. Wir sind dafür, dass die Initiative der Positionen regionaler Vereinigungen der Länder des Globalen Südens genutzt wird. Eine positive Rolle bei der Aufrechterhaltung der Multilateralität könnte auch die G20 spielen, wenn ihre westlichen Mitglieder aufhören, ihre Kollegen von akuten Fragen der Tagesordnung abzulenken, um ihre eigene Verantwortung für die aktuellen Krisenerscheinungen in der Weltwirtschaft in den Hintergrund zu verdrängen.

Es ist unsere gemeinsame Verpflichtung, die Vereinten Nationen als Muster der Multilateralität und Koordinierung der Weltpolitik aufrechtzuerhalten. Der Schlüssel zum Erfolg besteht in gemeinsamer Arbeit, im Verzicht auf Ansprüche auf Außerordentlichkeit und (wie gesagt) im Respekt für die souveräne Gleichheit der Staaten. Ausgerechnet darunter haben alle ihre Unterschriften gesetzt, als die UN-Charta ratifiziert wurde.

Im Jahr 2021 plädierte Präsident Putin für ein Gipfeltreffen der ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrats plädiert. Die Spitzenpolitiker Chinas und Frankreichs befürworteten diese Initiative, die aber vorerst leider nicht umgesetzt werden konnte. Dieses Thema ist unmittelbar mit der Multilateralität verbunden, und zwar nicht weil die fünf Großmächte gewisse Privilegien im Vergleich zu den anderen haben, sondern gerade wegen ihrer besonderen Verantwortung für die Aufrechterhaltung von Frieden und Sicherheit in der Welt im Sinne der UN-Charta. Ausgerechnet das verlangen heutzutage die Imperative des UN-zentrischen Systems, das wegen des Vorgehens des Westens gerade vor unseren Augen auseinanderfällt.

Die Besorgnisse um diesen Sachverhalt bringen die Länder des Globalen Südens – von Ost- bzw. Südostasien, der arabischen und muslimischen Welt und bis zu Afrika und Lateinamerika – immer lauter zum Ausdruck. Wir legen viel Wert auf ihre aufrichtigen Bemühungen um die Regelung jeglicher Probleme der Gegenwart im Rahmen einer fairen kollektiven Arbeit, die sich auf Ausbalancierung der Interessen auf Basis der souveränen Gleichheit der Staaten und der Unteilbarkeit der Sicherheit stützen sollte.

Zum Schluss möchte ich mich an alle Journalisten wenden, die unsere Beratung beleuchten. Ihre Kollegen aus den russischen Massenmedien wurden hierhin nicht zugelassen. Die US-Botschaft in Moskau hat sich bereit erklärt, ihnen Einreisevisa auszustellen, als unser Flugzeug schon abgehoben war. Deshalb habe ich eine große Bitte an Sie: Gleichen Sie den Wegfall der russischen Journalisten aus – vermitteln Sie bitte dem internationalen Publikum in Ihren Reportagen die richtige Multilateralität der Meinungen und Einschätzungen!

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