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Prof. Dr. Gerhard Wolf
Befreiung des Strafrechts vom nationalsozialistischen Denken
I. Thesen und Forderungen
Man tut heute meist so, als sei die Befreiung vom nationalsozialistischem Denken ein längst abgeschlossener Vorgang, eine inzwischen 50 Jahre zurückliegende Tatsache, die Rechtsgeschichte, für die aktuelle Strafrechtslehre aber nicht mehr von Bedeutung sei. – Die folgende kritische Bestandsaufnahme führt zum gegenteiligen Ergebnis.
Die beiden zentralen Thesen
- 1. Die heutige Strafrechtslehre nutzt die kollektivistischen, dynamistischen, teleologischen und antirechtsstaatlichen Elemente der nationalsozialistischen Rechtslehre wie selbstverständlich weiter. Sie ist in zentralen Teilen ihrer Dogmatik durch gesetzliche Regelungen, Lehrmeinungen und Urteile geprägt, die auch die Zeit zwischen 1933 und 1945 bestimmt haben und deren katastrophale Konsequenzen das 3. Reich unter Beweis gestellt haben sollte.
- 2. Die Befreiung des Strafrechts vom nationalsozialistischen Denken besteht in der Rückkehr zu den rechtsstaatlichen und liberalen Grundlagen des StGB von 1871. Liberales rechtsstaatliches Strafrecht bedeutet: Trennung von Recht und Politik, und für den Bereich der Justiz: einfache Gesetzesanwendung. Die gesetzgeberischen Entscheidungen haben dem vorauszugehen, sie sind von anderen Staatsorganen zu treffen. Es ist entgegen der Ansicht FREISLERS gerade nicht gleichgültig, wer eine Entscheidung erläßt und wie sie zustandekommt.
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